[PRODUCT REVIEW] Fischer Ranger 99 Ti 2019

Ich bin verwöhnt, das ist mir bewusst - jeden Morgen aufs Neue entscheiden zu können, welcher Ski für die aktuelle Schneelage, die geplante Tour, den jeweiligen Berg der richtige ist, ist ein Luxus. Wie bei Fahrrädern ist die perfekte Zahl an Ski im Keller eben doch n+1.
Dennoch stellt man sich hin und wieder die Frage, welches Modell man wählen würde, wenn man sich für ein Skimodel für den kompletten Winter entscheiden müsste. Stabil oder leicht? Extrabreit, breit, schmaler, schmal? Steif oder verspielt? Gibt’s den perfekten Ski überhaupt?




Wären die Bedingungen über die komplette Saison gleich, dann vielleicht. Bei einer Saison, die sich vom späten Oktober bin in den späten Mai zieht, sind sie es aber nicht.
Also: welcher Ski ermöglicht Spaß auf Pisten und auf Tour, im (tiefen) Pulver, im Firn, auf Eis, im Steilen, ist weder am Fuß noch am Rucksack zu schwer?
Müsste ich mich tatsächlich entscheiden - es wäre der neue Fischer Ranger 99 Ti.
Wieso? Bitte weiterlesen.


Technische Informationen 

Konstruktion / Technologie:
Carbon Nose, SW-Sidewall, Titan, Pappelholzkern, Glasfaserlaminat, Air Carbon Ti 0,5
Gewicht/Ski: 1950g/181cm
Radius: 18m/181cm
Sidecut: 130-97-121
Längen [cm]: 174, 181, 181, 188

 


Zur Saison 2019/20 hat Fischer die Ranger Ti-Serie mit neuen Shapes und neuen Konstruktions-Features versorgt und so bekommt auch einer meiner „alten“ Lieblinge, der ehemalige Ranger 98Ti ein Makeover: 
der Hauptunterschied zwischen dem Ranger 99 Ti und dem Ranger 98Ti liegt in der Nose. Der Ranger 99 Ti verjüngt sich vorne weniger stark als der Vorgänger, die Spitze ist eckiger.
Die neuen Ski haben Pressformen, die auf jedes Modell zugeschnitten sind, weshalb der Ranger 99 Ti im Vergleich zum Ranger 98 Ti einen etwas flacheren Nose- und Tail-Rocker mitbringt. Wie schon der neue Ranger 107 Ti ist auch der Ranger 99 Ti ein sehr robuster und steifer Ski. Er spielt nicht ganz in der Liga des Ranger 107 Ti, ist aber immer noch steifer als viele andere ~95-100 mm breite Skier auf dem Markt.
Verglichen mit dem Ranger 98 Ti ist der Ranger 99 Ti deutlich steifer an der Nose und etwas steifer am Tail.
Die 98er waren mit 1800g/181cm ziemlich leicht, was bei der neuen Generation nicht mehr ganz erreicht wird. (Kaum zu glauben, aber hin und wieder wird der Trend zum zwanghaften Leichtbau auch mal ignoriert.)
Mit 1950g/181cm ist der Ranger 99 Ti aber immer noch einiges leichter als „normale“ Ski.


Das Innenleben des R99 wurde verändert, aber nicht allzu gravierend im Vergleich zum R98: das Titanal-Laminat wurde verlängert und verbreitert, um die Torsionsteigkeit und Stabilität zu erhöhen, nach wie vor gibt es die Sandwich-Seitenwangen, die Carbon-Nase, die die Schwungmasse des Skis verringert und sensationelle Manövrierfähigkeit für einen solch stabilen Ski garantiert.  Obwohl der Ski „99“ heißt, ist die Mittelbreite bei 181cm 97 mm - je nach Länge des Skis passen sich die Mittelbreiten / Shapes entsprechend an.

Wer’s bis hier geschafft hat, bravo - jetzt geht’s ums Fahren!

Ich mochte den 99er von Anfang an - und war positiv überrascht, dass er (noch) stabiler als der 98er ist. Dass sich das Mehrgewicht lohnt, merkt man sobald man den Ski laufen lässt und auf die Kante stellt. Die klassisch anmutende Nose resultiert in Präzision und Kantengriff bei Turns und beim Carven, vor allem auf hartem Untergrund. Man sollte sich von der Performance auf der Piste aber nicht täuschen lassen und den Ski in die All-Mountain-Ecke stellen (was auch immer AM sein soll, ich hab’s nie wirklich verstanden).  Auch wenn’s ein Riesenspaß ist, am Morgen eine frisch präparierte Piste runterzuknallen, habe ich die wirklichen Vorzüge des Skis im Backcountry „erfahren“.
Am flachen Tail findet sich eine Fellbefestigung - und da wird’s dann spannend mit dem Ranger 99 Ti: im Gelände.

Hier spielt der Ski seine Stärken dann wirklich aus, bei jeglichen Bedingungen. Die Ranger Ti Linie (92, 99, 107) ist nicht so verspielt wie die Ranger FRs (94, 102, 115), aber auch abseits der Piste leistet die Carbon-Nase ihren Dienst, indem sie durch alles durchpflügt. Falllinie und laufen lassen, der Ranger 99 fährt dorthin, wo man ihn haben will. Treelines, Powder, verspurtes Gelände oder eben auch kniffligere Steilabfahrten, egal was man ihm vorlegt, der Ski kann damit umgehen. Die Nose garantiert für Auftrieb, das Tail hält die Spur.

Übrigens: Die Aufteilung der Ranger-Linien soll es in Zukunft leichter machen, bei der Skiwahl die richtige Entscheidung zu treffen. Sollte man die Ranger-Serien charakterisieren, wäre folgender Vergleich wohl am treffendsten: FR = „Park goes Powder“ und TI = „Riesenslalom goes Backcountry“ - Spaß macht beides.

„Freetouring“ ist das große Ding inzwischen - beim abfahrtsorientierten Touren (und mit dem entsprechenden fahrerischen Können) ist der R99 eine Macht. Hat man sich damit abgefunden, dass man bergauf ein paar Gramm mehr dabei hat - was mit einer leichten Bindung fast schon wieder hinfällig ist - ist als Belohnung echtes Freeriden in der Abfahrt möglich. Einzig die Wahl des Boots könnte den Ranger in seiner Entfaltung einschränken, mit einem 1kg Tourenschuh wird man einfach nicht springen wollen. Mit einem der „beefy boots“ (yeay, Amerikanismen) gibt es aber eigentlich keine Einschränkungen mehr. Wenn der Ski mal an den Rucksack muss, lässt sich das gut verkraften...

Mein persönliches Freetouring Setup:
Ranger 99 Ti mit Superlite 2.0 PIN-Bindung und Ranger Free 130 Walk Dyn.

Im Gegensatz zu Twintips (ausmessen, überlegen, hin und her…) habe ich im Fall des 99 einfach den empfohlenen Montagepunkt genutzt - meines Erachtens passt der genau (switch fahren wird man mit dem Flat Tail eh nicht). 



Fazit

Der Fischer Ranger 99 Ti ist der Ski der Wahl für:
gut ausgestattete aka „Gear Nerds“
…die mehr als 1 Paar Ski im Keller stehen haben und mit dem R99 das Setup für anspruchsvolles Freetouring und Frühlings-Aktionen suchen, weil sie eh die  richtig breiten für die „Deep Days“

„1-Quiver“ Suchende
…die einen Ski wollen, mit dem alles geht. Sei es nun mit Pin- oder klassischer Alpinbindung: Der R99 macht echt alles mit.

Tourengeher
…die abfahrtsorientiert am Berg unterwegs sind und denen es weniger aufs Gewicht als auf die Performance ankommt.

Weniger geeignet ist der Ski für:
Trainierer
…die ein ultraleicht Setup bevorzugen und denen die Abfahrt eh nicht so wichtig ist.
(vieeeel zu schwer!)

oldschool Tourengeher aka „Wedler“ und Anfänger
…denen der R99 zu steif, zu schwer, zu aggressiv sein wird.

Reine Pistengeher
…zu breit und schwer


***
Ich gebe mein Bestes, so objektiv wie möglich zu sein, während ich eine unweigerlich subjektive Darstellung der Vor- und Nachteile der getesteten Ausrüstung durchführe. Hoffentlich hilft den Lesern die Info, die Produkte herauszufiltern, die nicht zu ihnen passen, im Vergleich zu denen, die es sehr wohl tun. Es gibt so viele persönliche Faktoren, die beeinflussen, ob ein Ski für Einen selbst am besten geeignet ist, sei es Gewicht, Erfahrung, Stil, Wohnort / Einsatzgebiet, Fahrkönnen, etc.

Disclaimer - (im Original vom einzigartigen Stephan Skrobar)
Ich fahre seit 2004 für Fischer, bin Gründungsmitglied des Fischer Freeski Teams und werde von den Menschen in Ried – wo Fischer zu Hause ist – extrem gut behandelt und bekomme immer mindestens einen Kaffee wenn ich auf Besuch bin. Man kann also Befangenheit attestieren und wird damit wahrscheinlich Recht behalten. Andererseits zwingt mich niemand, diesen Text zu schreiben, auch bekomme ich kein Geld dafür. Ich versuche also, meine Erfahrungen so objektiv wie möglich zu beschreiben. Trotzdem wird die Analyse positiv ausfallen. Warum, steht oben.

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